Das Power-Interest-Grid

Das Power-Interest-Grid ist ein Tool, das sich gut in die Stakeholderanalyse einreiht. Es dient dazu, verschiedene Stakeholder zu kategorisieren. Das hilft dir als Scrum Master dabei, das Maß und die Qualität der Kommunikation und Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Personen besser zu bestimmen.

Die Stakeholder

In jedem Projekt gibt es viele verschiedene Stakeholder. Stakeholder sind Einzelpersonen oder Gruppen, die ein berechtigtes Interesse und damit Ansprüche an Verlauf und Ergebnis deines Projektes und Produktes stellen. Nur durch die Einbeziehung von Stakeholdern kannst du garantieren, dass ein wünschenswertes und wertbringendes Produkt entsteht.

Da in deinem Projekt aber viele Stakeholder mit verschiedensten Rollen Erwartungen und Ansprüche stellen, ist es sehr hilfreich, eine Stakeholderanalyse durchzuführen. Es ist nämlich weder sinnvoll, noch effizient jedem Stakeholder das gleiche Maß an Aufmerksamkeit und Zeit zu widmen. Um einen ersten Überblick über die verschiedenen Kategorien an Stakeholdern zu gewinnen, eignet sich das Power-Interest-Grid.

Die Ursprünge

Der Begriff Power-Interest-Grid wird erstmalig von Richard Edward Freeman 1984 genutzt. Er gilt als der Urvater der Stakeholder-Theorie und Stakeholdermanagement. Er kategorisierte Stakeholder als Power-Holder, Knowledge-Holder und Interest-Holder und konzipierte das Power-Interest-Grid, um diese Kategorien darzustellen und einen Umgang mit diesen Personen ableiten zu können. Ursprünglich entstehen in der 2x2 Matrix die 4 Kategorien "keep satisfied", "manage closely", "keep informed" und "monitor (minimal effort)". In diesem Artikel sprechen wir aber von den Kategorien involvieren, kollaborieren, informieren und konsultieren.

Darstellung der Methode Power-Interest-Grid. Wer hat viel Einfluss und wer hat ein großes Interesse an einer Unternehmung? Davon können wir ableiten ob wir Stakeholder involvieren, mit ihnen kollaborieren, sie informieren oder konsultieren.

Abb 1. In dieses Power-Interest-Grid können die Stakeholder eingeordnet werden

Das Tool Power-Interest-Grid

Das Power-Interest-Grid schließt sich an den Prozess der Identifikation der Stakeholder an. Nachdem du hoffentlich mit allen Stakeholdern in Kontakt getreten bist, um zu verstehen, wo genau ihre Interessen und Bedürfnisse liegen und welchen Wert sie erhoffen aus deinem Projekt zu ziehen, kann es sinnvoll sein, diese Personen anhand des Power-Interest-Grid zu kategorisieren.
Dieses Tool umfasst eine X und eine Y Achse mit den Titeln “power” und “interest”. Durch eine Einteilung in hoch und niedrig entsteht eine 2x2 Matrix, die uns 4 Bereiche zur Einteilung hergibt.

Unter “power” ist der Hebel oder die mögliche Einflussnahme eines Stakeholders zu verstehen. Hat diese Person die Möglichkeit, stark in das Projekt einzugreifen? Kann diese Person uns gegebenenfalls sogar den Geldhahn zudrehen?
Hinter “interest” steckt das Interesse der Person. Wie wichtig ist dieser Person das Projekt? Hat das Produkt für diese Person einen großen Wert?

Die Einordnung der Stakeholder

Wie ordne ich nun meine Stakeholder in diese Matrix ein?

Es empfiehlt sich, diese Einordnung gemeinsam mit seinem Team zu machen. Ein paar Tipps und wichtige Hinweise sind folgende:

  • Der Output ist ausschließlich für das Team gedacht. Die Ergebnisse aus der Kategorisierung sollte nicht mit den Stakeholdern besprochen werden. Kein Stakeholder möchte sich auf einer Skala unter niedrigem Interesse oder niedrigem Einfluss verordnet wissen.

  • Im Grid sollten am besten nur Einzelpersonen auftauchen. Ganze Interessensgruppen sollten aufgesplittet werden, da alle Personen einer Gruppe nie auf demselben Level von interest oder power stehen können

  • Das Ergebnis sollte immer wieder überarbeitet und ergänzt werden. Nie hat dieses Grid einen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Rahmen einer Retrospektive kann das Tool zum Einsatz kommen.

  • Wünsche und Bedürfnisse der Stakeholder sollten miteinbezogen werden. Hält sich ein Stakeholder für besonders interessiert und möchte auf dem Laufenden gehalten werden, sollte man diesen nicht unter “low interest” einordnen.

Beispielhaftes Power-Interest-Grid mit Stakeholdern in den vier Bereichen platziert

Ein Beispiel

Das Team hat festgestellt, dass sich die Kommunikation mit den Stakeholdern als schwierig gestaltet. Es entscheidet, im Rahmen einer Retrospektive das Power-Interest-Grid zu nutzen. Wo ist zum Beispiel Frau Müller einzuordnen? Wie hoch ist ihre Einflussnahme? Wie interessiert ist sie am Outcome des Projektes? Das Team entscheidet sich: Frau Müller hat ein hohes Maß an “power” und ein ebenso hohes Maß an “interest”.
Diese Erkenntnis gibt uns Aufschluss darüber, wie wir in Zukunft mit Frau Müller umgehen wollen. Anhand der Matrix erkennen wir: Mit Frau Müller sollten wir kollaborieren. Wir sollten uns darum bemühen, Frau Müllers Ansprüchen an das Produkt gerecht zu werden und regelmäßig in Austausch zu treten. Frau Müller sollte somit insgesamt stark einbezogen werden.

Frau Schrebb im Gegenzug ist eingeordnet worden unter high power, low interest. Das zeigt uns, dass Frau Schrebb zwar einen großen Hebel und vermutlich eine hohe Machtposition innehat, jedoch kein sonderlich großes Interesse an speziell unserem Produkt hat. Frau Schrebb sollten wir also versuchen weitestgehend zu involvieren, aber nicht mit dem detaillierten Fortschritt und technischen Details aus unserem Projekt versorgen. Ein für sie ausreichendes Maß an Kommunikation sollte mit ihr gemeinsam gefunden werden. Frau Schrebb sollten wir im Großen und Ganzen versuchen zufrieden zu stellen.

Andere Stakeholder verortet das Team unter "low power". Frau Danner, Herr Glückler und Herr Schmidt haben ein großes Interesse am Produkt und seinem Outcome, aber ihre Einflussnahme wird als nicht allzu hoch betrachtet. Diese Stakeholder sollten wir konsultieren. Da ihr Interesse an dem Produkt so hoch ist, können sie uns wertvolle Informationen liefern, die den Outcome des Produktes steigert.

Herr Meier wurde unter "low interest", "low power" eingeordnet. Herr Meier sollte daher informiert darüber bleiben, wie der Stand und das Vorankommen unseres Projektes ist, aber da weder seine Einflussnahme, noch sein Interesse an unserem Produkt hoch ist, sollten wir ihn nicht mit Details und häufiger Kontaktaufnahme behelligen.

Nach und nach werden also vom Team alle Stakeholder eingeordnet, und die Diskussionen die dabei hoffentlich entstehen, helfen uns die Bedürfnisse und Wünsche und Positionen unserer Stakeholder noch besser zu verstehen.
Aus den Ergebnissen können wir ableiten, welche Stakeholder wir engmaschiger kontaktieren, und welche wir nur gelegentlich abholen müssen. Aber Achtung: Die getroffenen Annahmen müssen natürlich verifiziert oder falsifiziert und selbstverständlich aktualisiert und gepflegt werden.


  • Beratung

    Du suchst Unterstützung für Product Owner?

    In unseren individuellen Product Owner Coachings begleiten wir euch dabei, mit ähnlichen Tools wie dem Power-Interest-Grid die PO-Arbeit produktiver zu gestalten.

    Mehr zu unserem Product Owner Coaching